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Sonstiges

Der Zelluloid-Ball hat für immer ausgedient

Die Zählweise ist längst verändert, der Umfang des Balles wurde vergrößert, das Frischkleben verboten - doch die Reformen im Tischtennis sind noch längst nicht abgeschlossen. Im nächsten Jahr soll der gute alte Zelluloidball durch einen Plastikball ersetzt werden.
Nach 88 Jahren geht damit eine Ära zu Ende. Die Weltmeisterschaft, die derzeit in Paris stattfindet, ist das 53. und vorletzte WM-Turnier seit 1926, bei der das Spielgerät zum Einsatz kommt.
 
"Erst etwas schneller, dann wird er langsamer"
Weil das Material Zelluloid die Gesundheit gefährdet und in einigen Ländern verboten ist, führt der Weltverband ITTF im Juli 2014 einen neuen Plastikball ein. Er soll ebenfalls 40 Millimeter groß sein, über die Eigenschaften des sogenannten Polyballs ist bisher allerdings wenig bekannt.
"Ich habe den Polyball ein bisschen getestet. Er ist zuerst etwas schneller, dann wird er langsamer. Der Ballabsprung ist höher, er hat weniger Spin", berichtete der Olympia-Dritte Dimitrij Ovtcharov über seine ersten Eindrücke. Allerdings habe er nur wenige Minuten mit dem neuen Ball geübt, um die WM-Vorbereitung nicht zu gefährden. "Da muss man schon ein paar Wochen trainieren und auch einige Wettkämpfe spielen, um zu sagen, wie sich der neue Ball auswirkt, ob es ein Vorteil oder Nachteil ist", erklärte der 24-Jährige.
 
Produktion in nur wenigen Fabriken
Thomas Weikert, Präsident des Deutschen Tischtennis-Bundes (DTTB) und ITTF-Vize, hat einige Exemplare des Polyballs aus China mitgebracht. Nur im Reich der Mitte und in Japan werden in wenigen Fabriken die herkömmlichen Zelluloidbälle produziert, mit denen weltweit gespielt wird. "In Deutschland werden keine Bälle hergestellt", sagte der frühere Doppel-Weltmeister Steffen Fetzner.
Er arbeitet für eine Ausrüsterfirma im Saarland (Donic), die die Zelluloidbälle verkauft. So gut wie alle Drei-Sterne-Bälle bestehen aus zwei Hälften. Die Kontrolle der Naht gehört zu den wichtigsten Qualitäts-Kriterien. "In einer Firma in China wird jetzt versucht, den neuen Plastikball aus einem Teil herzustellen", erklärte Weikert.
 
Erste Experimente vor 30 Jahren
Bereits in den 80er Jahren hatte es Experimente mit einem Plastikball gegeben. Sie scheiterten, weil der Ball nach einer gewissen Zeit zu glatt war und keine Rotation mehr annahm. Im vorigen Herbst hat der Weltverband das deutsche Technologie-Unternehmen ESN aus Hofheim/Unterfranken beauftragt, eine Studie zum neuen Plastikball mit Testspielern durchzuführen.
"Die Studie liefert noch kein komplettes Bild, sie ist eher als Momentaufnahme und Initialstudie zu betrachten", erklärte der Leiter Konrad Tiefenbacher im Internetportal "myTischtennis.de". Er urteilte über den neuen Ball: "Der Plastikball ist größer und kommt den Spielern härter vor. Maschinell getestet ist er aber weicher. Härtegrad und Dynamik sind zwei verschiedene Welten."
Für die Top-Spieler in der Hochgeschwindigkeit-Sportart können auch Mini-Änderungen beim Timing in Millimetern und tausendstel Sekunden entscheidend sein. Der Kreisligaspieler wird die Unterschiede bei den Bällen laut Weikert kaum bemerken. "Auf unterer Ebene wird sich dadurch wenig ändern", sagte der DTTB-Chef. Er hat aber ein anderes Problem: "Es ist noch unklar, wie die flächendeckende Verbreitung der Bälle sichergestellt werden kann."

(Quelle: C. Bergmann/imago)

 

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